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Inseln.

Immer wieder werde ich gefragt: Wie schaffst Du das? Woher nimmst Du die Kraft? Viele Menschen empfinden mein, unser Leben, als Kraftakt. Ich persönlich empfinde das gar nicht als Solchen. Jeder hat sein eigenes Leben mit seinen eigenen Gewichten, an die er sich im Laufe der Jahre gewöhnt. Jedes Päckchen, egal wie schwer es ist, fühlt sich für Menschen unterschiedlich an. Was der eine Mensch als schwer und Laster empfindet, kann ein anderer Mensch, als eine Leichtigkeit fühlen. Aber natürlich trage ich auch Päckchen, manchmal Pakete, mit mir herum. Früher habe ich diese nicht ernst genommen und immer wieder auf Funktionieren geschaltet. Bis ich irgendwann gemerkt habe, das funktioniert nicht. Zumindest nicht für eine lange Zeit. Irgendwann kamen dann meine Inseln. Inseln des Alltages. Ich habe gemerkt, dass ich auf mich achten muss und auch meine Bedürfnisse ernst nehmen sollte. Im Alltag geht es eigentlich fast ausschließlich um die Kinder. Gerade mit Evan und seinen besonderen, kräftezehrenden, Bedürfnissen bleibt nur sehr wenig Zeit für meine Wünsche. Irgendwann habe ich dann meine Inseln des Alltages eingeführt. …

Ich bin nicht verrückt.

Lieber älterer Herr aus Kiel, ich wollte mich Ihnen gerne vorstellen. Wir haben uns diese Woche auf dem Klinikgelände in Kiel vor den Aufzügen kennengelernt. Mein Name ist Evan. Ich bin 8 Jahre alt. Ich bin Autist und kann nicht sprechen sowie die gesprochene Sprache auch schlecht verstehen. Ich lebe mit einem halben Herzen. Mein Herzfehler heißt Hypoplastisches Linksherzsyndrom. Deswegen musste ich diese Woche auch nach Kiel ins Krankenhaus. Ach ja, und das Wichtigste: ICH BIN NICHT VERRÜCKT. Das haben Sie am Montag bei den Fahrstühlen zu mir gesagt. Vielleicht bin ich manchmal ein wenig laut oder verhalte mich auffallend aber ich bin nicht verrückt. Ich lebe mit einer Behinderung, die mein Handeln und meine Wahrnehmung sehr beeinflusst. Mich faszinieren Fahrstühle aber irgendwie habe ich auch Angst vor ihnen. Deshalb habe ich am Montag vor dem Fahrstühlen geschrien und mich auf den Bogen gelegt. Zudem war ich noch ziemlich mitgenommen von meinem Krankenhausaufenthalt. Meine Mama hat seit Tagen überlegt, wie sie diese Begegnung mit Ihnen am Besten in einen Artikel beschreibt. Aber ich merke, dass …

Das perfekte Geschenk

Seit Wochen überlege ich mit welchen Geschenken ich Evan zu Weihnachten eine Freude machen kann. Mich stresst das Thema Geschenke sehr, da es für Evan nicht einfach ist, etwas Passendes zu finden. Natürlich könnte ich ihm eine Gitarre schenken. Ich glaube das wäre dann gefühlt sein fünfzigstes Exemplar. Dieses Jahr fühle ich mich durch den Weihnachtskonsum sehr gestresst. Es gelingt mir aber auch nicht, diesen zu umgehen. Irgendwie hält er mich fest umschlungen. Ich möchte meinen Kindern doch eine große Freude bereiten. Aber womit bloß?! Und auf einmal macht es Klick. Ich sitze inmitten von gestressten Menschen in einem überfüllten Einkaufszentrum. Eigentlich wollte ich nur kurz etwas abholen und dann wieder weg. Diesen Plan habe ich aber ohne Evan und ohne die Rolltreppen gemacht. Ich entschloss mich, mir einen Platz zu suchen, Evan immer gut im Blick und auf meinen Michel zu warten. Klick. Ich beobachte Evan wie glücklich er die Rolltreppe mit seiner Gitarre benutzt. Die Menschen schienen Evan gar nicht wahrzunehmen. Sie waren so sehr mit ihren Einkäufen beschäftigt. Klick. Da sitzt mein …

Klare Sicht.

Mein 2. Junge. Mein zweites wundervolles Menschenkind. Meine Gedanken schweifen in letzter Zeit immer wieder ab. Immer wieder kommt mir das Wort Schattenkind in den Sinn. Stehst Du im Schatten Deines besonderen Bruders? Diese Frage stelle ich mir in letzter Zeit immer öfter. Alle haben gesagt, dass es mit Dir “einfacherer“ wird.  Mit einem gesunden Kind ist es doch immer “einfacher“, oder etwa nicht? Alles sollte funktionieren. Du solltest funktionieren. Im Moment bist Du in allen extrem herausfordernd. Herausfordernd willensstark, herausfordernd gefühlsstark, herausfordernd mutig, herausfordernd laut. Immer wieder frage ich mich: Ist das normal? Stehst du im Licht oder im Schatten? Oder vielleicht in der Mitte? Dein großer Bruder hat durch seine Besonderheit für die Gesellschaft immer eine “Entschuldigung“ für sein Verhalten. Du hast das nicht. Du müsstest Dich daher doch gesellschaftskonform und angepasst verhalten, oder nicht? Schnell lasse ich mich verunsichern und zweifle an mir. Und dann nehme ich sie ab. Die Gesellschaftsbrille. Und plötzlich ich Dich wieder ganz deutlich. In all Deinen wunderbaren Farben. Wie schön herausfordernd einfühlsam und willensstark Du bist. Wie …

Kirche für alle.

Rumlaufen. Ausprobieren. Anfassen. Kirche mal anders. Unser erster inklusiver Familiengottesdienst- und was soll ich sagen? Es war traumhaft schön. Einen Gottesdienst zu erleben, bei dem ich nicht aufpassen muss wie Evan sich verhält. Ihn nicht in die Schranken weisen muss, wenn er zu laut klatscht oder sonstige Geräusche macht. Die anderen Kinder zu beobachten, wie sehr es ihnen gefällt, all das konnte ich und viele andere Menschen am Samstag erleben.

Lebendige Gottesdienste.

„Aber vielleicht darum, einen wichtigen Teil des Glaubens schlicht zu leben: Jeder Mensch ist willkommen und einmalig. Jeder Mensch gehört zu Gott, egal wie er oder sie ist.“ Ja, genau. Darum geht es mir. Es ist wiklich immer wieder verblüffend wie sehr es Evan in Kirchen zieht. Wie sehr er dort, auch wenn es nur ein kurzer Moment ist, zur Ruhe kommt. Inne hält. Manchmal kommt es mir so vor, als ob er das Gefühl hat, angenommen und herzlich willkommen zu sein. Mein lieber Evan, Du bist einmalig und wunderbar gemacht, genauso wie Du eben bist. Quelle: Artikel & Bild Delmenhorster Kreisblatt

Lebendige und Inklusive Gottesdienste

Evan liebt Kirchen. Schon immer. Irgendwie hat es meinen kleinen Michel schon jeher immer zuerst in die Kirche der jeweiligen Stadt oder des Dorfes getrieben, in der wir waren. Ganz automatisch wollte er zuerst immer in die Kirche. Dort verweilt er dann, setzt sich auf die Bänke und schaut sich alles genau an. Ja, ich glaube sogar, dass er ein wenig in sich kehrt. Ganz auf seine eigene Weise. Schon immer wollte ich mit Evan Gottesdienste besuchen, habe es aber nach anfänglichen Versuchen, schnell sein lassen. Daher war es mir ein großer Herzenswunsch Gottesdienste für alle Menschen, egal ob mit Behinderung oder ohne anzubieten. Einen lebendigen Gottesdienst mitzugestalten, in dem man sich nicht verkriechen muss, oder immer nur lause sein sollte. Nein, einen Gottesdienst, in dem man so sein kann wie man ist und jeder Mensch herzliche Willkommen ist. Wir laden Euch herzlichst ein, mit uns zu feiern. Marcella & Evan

T-Raeume leben

So oft träume ich davon, Evan einfach mal eben so im Sommer zu einer Ferienfreizeit anmelden oder ihn wie andere Kinder am Nachmittag beim Fußballtraining anfeuern zu können. Bislang konnte ich weder das Eine noch das Andere. Das hat mich in der Vergangenheit sehr traurig gemacht. Ich möchte nicht mehr traurig sein oder mich ärgern müssen, dass Evan nicht die gleichen Möglichkeiten wie andere Kinder erfährt. Ich möchte etwas verändern. Ich möchte nicht weiter nur davon träumen. Daher bin ich sehr glücklich, Euch endlich mitteilen zu können, dass wundervolle Menschen mit mir zusammen einen Verein gegründet haben: T-Raeume leben ist entstanden. Wir möchten Träume leben und Räume schaffen. Für alle Menschen. Egal ob mit Behinderung oder ohne. Wir selber wissen, wie isoliert man durch eine Behinderung heutzutage noch immer sein kann. Wir möchten betroffenen Menschen, Familien, Eltern und Geschwistern Mut machen und zeigen: Ihr seid nicht alleine. Durch Projekte und Aktionen möchten wir Inklusion leben und Menschen mit Beeinträchtigungen helfen, so angenommen zu werden wie sie sind. Wir planen verschiedene Projekte zum Thema inklusive Freizeitangebote …

Evi und Evan.

Immer ein Lächeln im Gesicht, immer wertschätzend, immer offen und nie wertend, immer großzügig und großherzig, eher selbstlos, meistens bunt, immer liebevoll, interessiert, wundervoll, einzigartig. Großartig.  Liebste Evi, so habe ich Dich in Erinnerung. Oft schließe ich meine Augen und sehe Dich bildlich vor meinem Auge. Wie Du strahlend ins Haus marschierst mit Deinem Rucksack auf den Schultern und Deiner strahlenden Lilajacke. Du stellst Deinen Rucksack in den Flur und schon kommt Evan Dir entgegengelaufen und begrüßt Dich herzlich. Ich höre immer noch Deine Stimme und die Lieder, die Du fröhlich mit Evan in seinem Zimmer singst. Ich sehe euch noch im Garten, wie Du Evan liebevoll abtrocknest und versuchst, ihn nach dem Baden wieder anzuziehen. Ich sehe Dich und Evan immer noch wie ihr euch kameradschaftlich Deine Wasserflasche teilt. Ich sehe uns in der Küche sitzen, wie Du mir wertschätzend zu hörst und immer ein Ohr für meine Sorgen und Probleme hast. Ich sehe uns immer noch zusammen tanzen und lachen. Ich habe immer noch Deine Stimme im Kopf wie Du liebevoll über Deine …

Was nicht passt?

…wird passend gemacht. – Immer wieder werden wir in Rollen oder Schubladen gesteckt, in die wir eigentlich gar nicht wollen und auch nicht gehören. Aber trotzdem findet man sich dort wieder. So geht es mir zumindest. „Das schafft ihr nicht.“ „Das ist zu viel zu schwer.“ Was? Das willst Du wirklich machen?! Das klappt sowieso nicht.“ „Total idiotisch. Bescheuert. Viel zu kompliziert. Warum tust Du Dir das an?“ „Du hast doch gar keine Zeit.“ Wie oft im Leben hört man diese oder ähnliche Aussagen von Mitmenschen? Wie oft spricht diese kleine innere Stimme zu uns, gerade deutlich genug, um sie zu hören: Die Anderen haben Recht. Das ist viel zu schwer! Lass es ein. Das klappt sowieso nicht. Sei nicht blöd. Mach Dich nicht lächerlich. Das macht man nicht. Das gehört sich nicht. Ich zumindest kann diese kleine innere Stimme in vielen Situationen hören. Deutlich hören. Gerade in Bezug auf oder mit Evan. Es passiert blitzschnell, eine Sekunde nicht aufgepasst und schon steckt oder sitzt man in einer Schublade. Bei Menschen mit einer Behinderung dauert …