Autor: m.wessel12@yahoo.de

Die wunderbare Welt des Evans – Glück kennt keine Behinderung

2 Augen schauen mich an. Sie fixieren mich regelrecht. Es gibt Tage, da habe ich das Gefühl Evan schaut mir ganz tief in die Seele. Sein Blick fesselt mich und lässt mich nicht mehr los. Dann gibt es wieder diese Tage, an denen schaut er durch mich hindurch und scheint ganz weit weg zu sein. In seiner eigenen Welt. Ich frage mich dann, wie seine Welt wohl aussehen mag. Eine Welt, in der alle Gitarren ihm gehören und es nur Laugengebäck und Nudeln gibt. Eine Welt, in der die Reihenfolge der Autos eine größere Rolle spielt als die Autos. Eine Welt voller Kikaninches und Gummibären. Eine Welt, in der Musik eine so große Rolle spielt. Evans Welt. „Machen Sie einmal Ihre Augen zu und stellen Sie sich vor Sie sind in einem fremden Land. Sie sprechen weder die Sprache noch können Sie die Gesten und Mimiken der anderen Leute verstehen und deuten. Sie hören die Menschen sprechen, Sie hören Autos, Kindergeschrei, irgendwo bellt ein Hund. Stellen Sie sich vor, dass alles prasselt auf Sie ein ohne, dass …

Letztens im Supermarkt…

Ich habe schon ein wenig über unsere Supermarktbesuche geschrieben. Ein Supermarktbesuch ist für uns wie eine Wundertüte. Man weiß nie was drin ist und was man bekommt. Meistens weiß ich was ich bekomme und ich sage mir jedes Mal wieder: Nächstes Mal gehe ich alleine einkaufen! Aber das kann ich leider nicht immer organisieren und so passiert ist, dass Evan hin und wieder mit dabei ist und das Abenteuer Supermarkt beginnt. Wenn Evan und ich zusammen einkaufen gehen, weiß er genau, dass er in den Einkaufswagen muss. Ich habe ein einziges Mal probiert ihn an die Hand zu nehmen aber das endete mit zerbrochenen Weinflaschen und seitdem sitzt Evan wieder im Einkaufswagen. Wenn wir zusammen einkaufen, will Evan immer den gleichen Weg abgehen. Das heißt, dass ich gezwungenermaßen fast immer die gleichen Produkte kaufen  muss, da ich nicht zu den anderen Regalen komme. Unser Einkauf beginnt und Evan bekommt als allererstes seine Laugenbrötchen – und Brezeln sowie ein Weltmeisterbrötchen. Im schlimmsten Fall sind diese Produkte ausverkauft und wir können gleich wieder gehen. Im Besten Falle aber …

Wie viel Anpassung ist gut und möglich?

Diese Frage stelle ich mir sehr oft. In wie weit muss oder sollte Evan an die Gesellschaft angepasst sein? Oder wie weit kann sich die Gesellschaft an Evan anpassen? Wie viel kann man Evan zumuten und wie viel der Gesellschaft? Müssen besondere Kinder gesellschaftskonform sein? Als ich meinen Lebensweg mit Evan begann war es mir oft unangenehm immer die Lautesten zu sein und immer negativ aufzufallen. Oft habe ich mir gewünscht, nicht das lauteste Kind sondern das frechste oder das pummeligste Kind zu haben. Laut war mir einfach peinlich. Wenn ein Kind in Evans Turngruppe oder auf dem Spielplatz weinte oder wieder etwas zu Bruch gegangen ist, habe ich gehofft und innerlich gebetet, dass es dieses Mal nicht Evan ist. Meistens war das aber leider nicht der Fall. Es gab Momente, da bin ich während Evans Turngruppe mehrmals auf die Toilette gegangen und habe die Gruppenleitung gefragt, ob sie kurz auf Evan aufpassen könnte, damit ich nur einen Moment Ruhe habe. Ich habe dann im Bad gesessen und habe die Stille genossen und für einen kurzen, …

Inseln schaffen und leben

Wir müssen bereit sein, uns von dem Leben zu lösen, das wir geplant haben, damit wir das Leben finden, das auf uns wartet (Joseph Campbell)… Dieser Spruch begleitet mich jetzt schon seit einiger Zeit, eigentlich seit dem Tag als ich von Evans Herzfehler erfahren habe. Ich habe lange Zeit in Brüssel gearbeitet und war in meinem Job sehr glücklich. Ich bin viel gereist und konnte mich auf vielen Gebieten weiterentwickeln, privat wie auch beruflich. Durch Evans Herzdiagnose und seinem Autismus hat sich mein Leben von heute auf morgen geändert. Aus Brüssel wurde ein kleines Dorf bei Bremen. Die Reisen kann ich nicht mehr machen und beruflich…? Jetzt werden viele Eltern mit gesunden Kindern sagen, dass jeder, der Kinder hat, diese Einschränkungen kennt und hat. Und das stimmt auch. Allerdings sind diese Einschränkungen mit einem behinderten Kind viel einschneidener. Oftmals hat man das Gefühl, dass man sich komplett selber aufgeben muss. Und ich glaube, dass passiert auch zum Teil. Früher hatte ich die Vorstellungen, dass sich mein Kind an mein Leben anpassen muss und nicht andersrum. …

Der ganz normale Wahnsinn oder einfach gesagt: Unser Alltag!

Es ist oft schwierig zu beschreiben wie Evans Autismus Erkrankung unseren Alltag bestimmt. Wenn ich Evan ansehe, sehe ich auch nicht die Erkrankung sondern ich sehe ein einzigartiges und besonderes Kind mit einzigartigen und sehr besonderen Bedürfnissen. Heutzutage ist es allerdings schwierig diese Bedürfnisse ausleben zu können. Ich bin mir darüber im Klaren, dass sich auch Evan an bestimmte Regeln halten muss. Ich versuche aber diese Regeln so weit es geht auszuweiten. Evan soll sich im Leben zurecht finden. Er soll und braucht aber nicht gesellschaftskonform sein. Der Autismus gehört zu ihm und zeichnet ihn aus. Er ist Teil seiner Persönlichkeit und diese möchte ich nicht verändern. In den Beispielen anbei versuche ich einen kleinen Einblick in unseren Alltag zu geben.  Evan liebt sein Gummibärchen und seine Kikaninchen. Meistens sind sie mit dabei, wenn wir das Haus verlassen. Manchmal muss aber auch noch das Bobbycar oder sein Laufrad mit, ansonsten können wir nicht losfahren. (Es gibt Tage, da können wir wirklich nicht losfahren, da ich Evan nicht überreden kann in seinen Kindersitz zu gehen). So ziehen …

Leben mit einem behinderten Kind – Willkommen in Holland

Als ich erfahren habe, dass Evan krank ist, habe ich sehr viel im Internet recherchiert. Diese Geschichte von Emily Perl Kingsley „Willkommen in Holland“ (1987  alle Rechte vorbehalten) hat mir sehr viel Mut gemacht und erklärt genau wie ich mich gefühlt habe. Ich werde oft gefragt, wie es ist ein behindertes Kind großziehen. Es ist wie folgt: Wenn man ein Baby erwartet, ist das, wie wenn man eine wundervolle Reise nach Italien plant. Man deckt sich mit Reiseprospekten und Büchern über Italien ein und plant die wunderbare Reise. Man freut sich aufs Kolosseum, Michelangelos David, eine Gondelfahrt in Venedig, und man lernt vielleicht noch ein paar nützliche Brocken Italienisch. Es ist alles so aufregend. Nach Monaten ungeduldiger Erwartung kommt endlich der lang ersehnte Tag. Man packt die Koffer, und los gehts.  Einige Stunden später landet das Flugzeug. Der Steward kommt und sagt: „Willkommen in Holland.“ „Holland?!? Was meinen sie mit Holland?!? Ich habe eine Reise nach Italien gebucht! Mein ganzes Leben lang habe ich davon geträumt, nach Italien zu fahren!“ Aber der Flugplan wurde geändert. …

Gute & schlechte Behinderung?

Meinem Sohn sieht man seine Behinderung nicht an. Und das ist auch gut so. Oder? Manchmal gibt es Tage, da stelle ich mir diese Frage. Evans Behinderung wird oft als ungehorsam oder einfach nur als frech abgestempelt. Egal, ob ich einkaufen, auf den Spielplatz, zu einer Hochzeit, in die Stadt, ins Kaffee oder ins Schwimmbad gehe. Überall  fallen wir auf und werden gleich „erkannt“. Erkannt als nicht ins System passende Menschen. Ich muss zugeben, dass das auch nicht schwer ist. Wir betreten einen Raum und es wird schlagartig laut bzw. lauter. Evan bleibt nicht an der Hand und ist generell sehr schwer lenkbar, wenn viele Leute um ihn herum sind und er keine Begrenzung mehr hat. Ich habe fast immer unseren Hilfsbuggy dabei, allerdings kann ich ihn mittlerweile nicht mehr so oft  „überreden“ sich freiwillig dort hineinzusetzen und bei fast 20 kg ist es ohne seine Zustimmung nicht einfach ihn dort hineinzusetzen. Evan kann kaum bzw. gar nicht sprechen. Er lautiert sehr viel und versucht auch nachzusprechen aber oftmals versteht er die Bedeutung des Wortes nicht. …

Ein gemütlicher Restaurantbesuch – oder so ähnlich!

Ich habe diesen Artikel, nach einem Restaurantbesuch bei Toshibo in Bremen geschrieben und ihn an verschiedene Zeitungen geschickt. Ich hatte meinen Sohn bei diesem Besuch nicht dabei, was im Endeffekt eine sehr gute Entscheidung war. Aber liest bitte selber! Alleinerziehend… – das bin ich! Ein schwerbehindertes Kind …- das habe ich noch dazu. Wenn man alleinerziehend ist, trifft man automatisch viele alleinerziehende Frauen oder Männer. Wenn man Glück hat verbindet einen dann nicht nur der Status und man freundet sich an. Wie das dann so ist, möchte man auch gerne hin und wieder etwas zusammen unternehmen. Wenn man nicht das Glück hat seine Eltern oder andere Verwandte in der Nähe zu haben, muss man – oder möchte man vielleicht auch – seine Kinder mitnehmen. Man kann ins Café, in einen Park, ins Kino oder einfach in ein Restaurant gehen. Letzteres habe ich letzte Woche Freitag mit 2 alleinerziehenden Freundinnen und Ihren Kindern gemacht. Wir waren also insgesamt zu 7 und ich habe uns einen Tisch im Toshibo im Schnoor für 18 bis 20 Uhr reserviert. …