Ich ertappe mich dabei wie ich Dich beobachte. Wie ich schaue was Du wie machst und wie Du was machst. Ich bin begeistert und sprachlos. Du verstehst schon so viel. Du bist mein zweites Kind aber diese Erfahrungen mache ich zum ersten Mal. Manchmal kann ich gar nicht begreifen, wie Du schon so viel verstehen kannst. Wie ist das möglich? Du entdeckst Deine Welt und ich darf daran teilhaben. Oft geht das im unserem Alltag unter. Zwischen dem Arbeiten und unseren vielen Terminen bleibt nicht viel Zeit. Aber in manchen Momenten, in diesen ganz besonderen Momenten, schaue ich genau hin und bin sprachlos. Mit Dir ist so vieles anders als mit Deinem besonderen großen Bruder. Es gab eine Zeit, in der war ich sehr traurig, da ich immer mehr Dinge entdeckte, die Du kannst aber Dein großer besonderer Bruder nicht. Irgendwie tat es neben der Freude, dass Du wieder etwas Neues entdeckt hast, auch jedes Mal weh. Eine kleine oder etwas größere Enttäuschung schlich sich immer wieder ein. Es gibt Dinge, die Du mit Deinen 15 Monaten schon kannst, die Dein großer Bruder auch heute noch nicht für sich entdeckt hat.
Warum macht mich das eigentlich traurig? Woher kommt diese Enttäuschung? Macht es mich traurig, weil es meine Erwartungen an Deinen großen besonderen Bruder sind? Liegt es an der heutigen Gesellschaft, in der es immer mehr darum geht, was ein Kind wann kann oder können sollte? Wann habe ich aufgehört auf meine eigenen Gefühle zu hören und den Erwartungen die Tür zu öffnen?
Letztens, irgendwann, saß ich auf unserem Sofa und schaute Euch beiden beim Spielen zu. Und auf einmal hat sich noch ein Gefühl eingeschlichen: Freude. Freude über Euch, meine beiden wundervollen Kinder, so unterschiedlich ihr auch seid. Ganz nebenbei habe ich Deinen großen Bruder gesehen wie glücklich er mit seinen Tieren spielt. So ganz anders als Du.
Du magst Deinem großen Bruder bald einiges voraushaben. Ich hoffe, dass Du ihm Deine Welt zeigst und er von Dir lernen kann. Aber weißt Du was? Ich hoffe, dass Du auch viel von Deinem großen Bruder lernen wirst. Denn er hat einigen Menschen schon jetzt etwas Essenzielles voraus: die pure Freude am Leben. In jedem Gegenstand, in jeder Situation, findet er sein Glück. Egal ob er mit einer Bratpfanne oder Klobürste (unbenutzt) spielt. Er verstellt sich nicht, um anderen Menschen zu gefallen, sondern gibt sich so wie er ist. Mit all seinen Facetten. Mit all seinen Farben.
Ihr Beide strahlt in Euren eigenen, ganz besonderen Farben. Es bringt nichts diese zu vergleichen, denn man kann sie einfach nicht vergleichen. Das habe ich jetzt verstanden und dafür bin ich dankbar. Nicht besser. Nicht schlechter. Sondern einfach anders. Es muss nicht immer besser oder schlechter sein. Anders trifft es in unserem Falle sehr gut. Es sind meine Erwartungen an Euch, die mich traurig machen. Ihr glänzt in Euren ganz eigenen Farben. Jeder auf seine Weise und jeder wunderschön. Einzigartig.
Erwartungen machen meistens traurig, da sie größtenteils nicht erfüllt werden. Warum muss ein Kind mit dem Erreichen eines bestimmten Alters etwas Bestimmtes können müssen. Jedem Kind sollte doch erlaubt sein, sein eigenes Tempo zu haben und genau in diesem Tempo begleitet und unterstützt zu werden. Hat der Wert meines Kindes mit seinem Können und seinen Fähigkeiten zu tun? Ist mein Kind weniger wert, weil es etwas nicht kann? Ich glaube nicht. Seitdem ich mich von meinen und den gesellschaftlichen Erwartungen gelöst habe, geht es mir besser. Ich habe die Erwartungsbrille abgenommen und wißt ihr was passiert ist? Auf einmal sehe ich klarer und erkenne wie wundervoll meine beiden Kinder sind. Wir sehr sie glänzen und strahlen. Ganz unterschiedlich aber wunderschön.
Liebe Mütter, liebe Väter, lasst Euch nicht blenden von Euren oder den gesellschaftlichen Erwartungen was Euer Kind wann und wie können müsste. Jedes Kind ist einzigartig speziell und glänzt in seinem ganz eigenem Licht.
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